Erfolg durch freiwillige Selbstkontrolle
Sportlegenden des Jahrzehnts: Jasmin Bothmann ist Weltmeisterin im Minigolf

Von Eduard Warda (Göttinger Tageblatt)

Wahl der Sportlegenden des Jahrzehnts im Göttinger Tageblatt:

Heute die Vorstellung von Jasmin Ehm (MGC Göttingen)

 

Jasmin Bothmann im GT

Jasmin Bothmann (damals Jasmin Ehm) bei der Minigolf-Europameisterschaft 2016 in Vizela (Portugal). Links ihr heutiger Ehemann Patrick ¬Bothmann.

Foto: Jasmin Bothmann

 

Göttingen.

 

Sie hat fast alles gewonnen, was es im Minigolf zu gewinnen gibt, und ein Ende ist nicht in Sicht: Jasmin Bothmann, die bis zu ihrer Heirat im vergangenen Jahr als Jasmin Ehm für den MGC Göttingen an den Start gegangen ist, kann sich rühmen, in ihrer Sportart unter anderem Gold bei Welt- und Europameisterschaften geholt zu haben. Deshalb ist die 30-Jährige nominiert für die Wahl der Göttinger Sportlegenden des Jahrzehnts.

 

Der MGC Göttingen steht bundesweit für erstklassigen Minigolf, und Bothmann ist eines der Aushängeschilder des Klubs. Mit dem Frauenteam hat die gebürtige Cellerin seit ihrem Wechsel zum MGC 2010 dreimal den Deutschen Meistertitel und stets einen Podestplatz errungen. Dazu kamen fünf Teilnahmen am Europacup, quasi die Champions League der Minigolfer, mit der Ausbeute dreimal Bronze, einmal Silber und einmal Gold 2012 in Portugal.

Am Anfang hatte Bothmann „nicht so Bock“

Dabei war die kleine Jasmin zu Beginn gar nicht so überzeugt von ihrem heutigen Lieblingssport: „Am Anfang hatte ich nicht so Bock, aber weil meine Eltern gern gespielt haben, bin ich quasi auf dem Minigolfplatz aufgewachsen. Als Kind hat man da nicht so viele Möglichkeiten“, berichtet Bothmann, die seit 2003 in einem Verein spielt.
Doch bereits in der Jugendspielklasse stellten sich Erfolge ein, „der eine oder andere Titel“ wurde geholt. Die MGCerin Alexandra von dem Knesebeck erkundigte sich, ob Bothmann nicht vielleicht für Göttingen an den Start gehen will, und plötzlich spielte sie nicht mehr Bezirks- oder Regionalliga, sondern Bundesliga. „Es war das Beste, was ich machen konnte“, sagt die 30-Jährige. „Ich habe viel mehr trainiert und gemerkt: Viel hilft viel.“ Ballkunde und Bahnlesen gehörten ebenfalls zum Training und halfen Bothmann, besser zu werden.

Der Aufstieg war rasant und medaillenreich. Bereits 2013 folgte der erste Einsatz für die Nationalmannschaft, und nicht nur, aber insbesondere auch die internationalen Einsätze sorgten für unvergessliche Erlebnisse. 2015 wurde sie im finnischen Lahti Weltmeisterin im Einzel, 2018 folgte bei den Europameisterschaften im italienischen Predazzo ein weiterer Einzeltitel. Davor, dazwischen und danach lagen unter anderem mit der Nationalmannschaft weitere Titel und Medaillen – und 2017 das Silberne Lorbeerblatt aus den Händen des damaligen Bundesinnenministers Thomas de Mazière.

 

Für ihre Leidenschaft opferte die Minigolferin, die für eine Groß- und Außenhandelsfirma tätig ist und in Isernhagen bei Hannover wohnt, in den vergangenen Jahren regelmäßig ihren gesamten Jahresurlaub. Das ist auch nötig, denn bereits zwei Wochen vor sogenannten internationalen Maßnahmen wie WM oder EM erfolgt die Anreise.
Bothmanns Lieblingsuntergrund ist Eternit, also das Material, aus dem die Göttinger Bahnen auf der Schillerwiese oder beim MGC an der Grätzelstraße beschaffen sind. Bei internationalen Wettbewerben müssen die Spieler ihr Können stets auf zwei Materialien beweisen. Bei Bothmanns WM-Titel 2015 waren es Eternit und Filz, beim EM-Titel 2018 waren es Beton und Eternit. Beide Einzeltitel errang sie im Matchplay, also der Spielart, in der ab dem Achtelfinale im K.-o.-System der Sieger ermittelt wird. Die zweite Variante ist das Strokeplay, bei der wie im Golf die Anzahl der Schläge zählt.
Eigentlich sei sie ziemlich nervenstark, berichtet die MGCerin, „aber man kann noch dran arbeiten“. Wichtig sei eine gute Vorbereitung auf den Schlag. Da habe jeder Spieler so seine Routine: „Man schreitet die Bahn ab, kontrolliert, ob die Füße richtig stehen, kontrolliert die Hände, den Ball, die Bahn. Und wenn sich alles richtig anfühlt, wird geschlagen.“

Jeder Minigolfer hat seine Marotten

Marotten habe jeder Spieler – „der eine zuppelt an den Socken, der andere hat eine Atemtechnik“, erzählt Bothmann. Bei ihr dürfe beim Schlag der rechte Ärmel nicht über dem Handgelenk liegen, „selbst bei minus 10 Grad nicht“. Und: „Ich vermeide es, nach dem Zwischenstand zu fragen, um keinen Druck aufzubauen.“ Eine gute Selbstkontrolle sei schon wichtig. Im Misserfolgsfall sei es keine gute Idee, sie kurz nach einem Fehlschlag anzusprechen. „Zwei Minuten später geht es dann schon wieder.“

 

Ihre ausgefeilte Technik hat Bothmann zu Minigolf-Titelkämpfen in die ganze Welt geführt. Unvergesslich sei die WM 2019 in China, und das nicht nur in sportlicher Hinsicht: Ihr Freund, der Bundesligaspieler und Bundestrainer-Assistent Patrick Bothmann, machte ihr vor dem gesamten Team einen Heiratsantrag. Alexandra „Sandra“ von dem Knesebeck war später ihre Trauzeugin. Die Gemeinschaft der Minigolfer ist für Bothmann wie eine zweite Familie, die sie nicht missen möchte. „Es könnte auch Badminton oder Tischtennis sein“, sagt die Medaillensammlerin. „Für mich kommen die Menschen drumherum an erster Stelle, und erst dann kommt das Spiel.“

 

Abstimmen können Sie im Internet unter gturl.de/sportlegenden bis zum 31. August

 

 

Man ¬kontrolliert die Hände, den Ball, die Bahn.

 

Dienstag, 10. August 2021

Regionaler Sport

Eduard Warda Göttinger Tageblatt